Panik vor der Vogelgrippe 2016 - H5N8 und die Folgen für die artgerechte Haltung

Offener Brief an die Politik (Bundesebene und Landespolitik Baden-Württemberg), 23.11.2016 (Update 25.11.2016)

 

 

 

Sehr geehrter Herr Hauk, sehr geehrte Bundespolitiker in entsprechender Verantwortung,sehr geehrte/r __________________________________________,

 

 

wie viele andere Züchter und Hobbyhalter auch in diesem Land besitze ich Hühner, zum Teil seltene Rassen, um von der tierverachtenden Geflügelindustrie unabhängig zu sein. Genau diese Industrie aber nötigt uns derzeit eine nicht tiergerechte Aufstallung unseres Geflügels auf.

 

Unter fadenscheinigen Vorwänden (Schutz des eigenen Bestandes, Kollektivschutz, Gefahr durch Wildvögel) sollen Privathalter ebenso aufstallen wie die Geflügelgroßindustrie, die gleichen Sicherheitsbestimmungen einhalten (wie soll das bei einem Schlafstall denn gehen, „stalleigene Kleidung“ darin zu deponieren? Das Ganze wird grotesk!) und, dies freilich auf eigene Kosten, die Ausläufe nachrüsten. „Nachrüsten“ bedeutet, den Freilauf einzugrenzen, Volieren zu bauen, um die Tiere nicht gänzlich zu quälen, herdeninterne Aggression unter den Junghähnen zu verhindern und dennoch genug Abwechslung zu bieten, damit die Gruppe möglichst unversehrt die Aufstallung übersteht. Da kommen schnell hunderte von Euro zusammen, Desinfektionsausrüstung noch nicht eingerechnet. Für den Durchschnittsverdiener ist ein solches Nachrüsten im Sinne der Tiere unmöglich, vor allem ärmeren Haltern drohen Strafen oder, das ist die einzige andere Möglichkeit, das Schlachten gesunder Tiere.

 


Meine Tiere leben seit Jahren in einer intakten Herde mit mehreren Hähnen in Freilandhaltung. Jeden Verdachtsfall an einer Erkrankung habe ich als rechtschaffene Bürgerin den zuständigen Untersuchungsstellen gemeldet oder die Tiere obduzieren lassen, meine Tiere sind ordnungsgemäß registriert und bei der Tierseuchenkasse gelistet, kurz: es war mir immer ein Anliegen, korrekt zu spielen.

 

Allerdings erwarte ich diese Korrektheit nun auch von unseren Bundes- und Landespolitikern, insbesondere den Grünen in Baden-Württemberg und den Regierungsparteien des Bundes – und erkenne sie nicht.

 

Denn was Herr Hauk hier in BW und Sie bundesweit mit der Aufstallpflicht jenseits der tatsächlichen Ausbruchsschwerpunkte (!), jenseits der Vogelzuglinien und jenseits aller zu erwartender Infektionsschwerpunkte verfügt, ist, mit Verlaub, absurd.

 

Die Bundes- und Landespolitik beruft sich hinsichtlich der Vogelgrippe darauf, dass sich das – nach wie vor laut RKI erwiesenermaßen für den Menschen völlig ungefähliche - H5N8-Virus über den Vogelzug verbreitet. Renommierte Organisationen wie der NABU sehen das anders; vielmehr liegt der Verdacht nahe, dass kontaminierte Geflügelindustrierelikte (Exkremente, Fleisch, Federn) auf den Handelswegen zu einer globalen Verseuchung durch Viren beitragen.

 

Selbst wenn dem aber nicht so sein sollte (auch der Nabu wird aktuell ja in Frage gestellt), bleibt doch die Frage, wieso neben dem Friedrich-Löffler-Institut keinerlei andere Forschungseinrichtungen mit der Aufarbeitung der aktuellen Seuche beauftragt wurden. Auch scheint die aktuelle Zahl von knapp 1000 verendeten Wildvögeln im Rahmen einer typischen Grippewelle ohne medikamentöse Behandlung im Vergleich zu über 40.000 gekeulten Tieren nahezu lachhaft.

 

Opfer der sogenannten Epidemie sind, setzt man einen Ausbruch der Aviären Influenza aufgrund der Geflügel-Handelswege und dem Verbringen von Hühnerkot als Dung voraus, also Wildvögel und Kleinhalter – Verursacher und gleichermaßen über die Tierseuchenkasse abgesicherte Profiteure sind die Großindustriellen, denen das Wohl ihrer Tiere in den seltensten Fällen am Herzen liegen dürfte.

 

 

 

Diese Großbetriebe in ihrer nicht-artgerechten Tierhaltung vermeintlich zu schützen, indem wir unsere Kleinbestände durch Aufstallung quälen – und zwar bald bundesweit, obwohl bisher vergleichsweise wenig Wildvogeltode dokumentiert wurden, die nachweislich durch den vollständigen Subtyp H5N8 verursacht wurden – steht in keinem Verhältnis.(aktuelle Zahlen: http://tsis.fli.bund.de/Reports/Info_SO.aspx?ts=015)

 

 

 

Wie auch andere Halter fordere ich deswegen, die Freilandhaltung des eigenen Geflügels allein in die Verantwortung der jeweiligen Geflügelbesitzer zu legen. Wir brauchen keine Industrie, die uns durch die von uns gewählten Politiker dank entsprechenden Lobbyismus bevormunden will. Wir brauchen freie Hühner, eigene Verantwortung der Halter und letztlich: keine tierquälerische Geflügelindustrie mehr, die den Seuchenausbruch durch ihre artwidrige Haltung erst recht unterstützt!

 

Bitte werden Sie kraft Amtes tätig – und lassen Sie sich nicht durch die vermeintlich unumstößlichen Ergebnisse des Friedrich-Löffler-Institutes einlullen, es gibt andere Forschungen, die zu gänzlich anderen Ergebnissen gelangen!

 

 

 

Zudem sprechen verschiedentlich Argumente gegen die Stallpflicht, die letztlich ja eine fadenscheinige Sicherheit suggeriert und letztlich lediglich dazu führt, dass der ausgerufene Seuchenzustand garantiert, dass die Großbetriebe ihre „Verluste“ und Maßnahmen durch die TSK ersetzt bekommen.

 

Völlig sachbezogene Argumente sind:

 

1. Die Stallpflicht schützt nur vor Wildvogelkot, nicht vor dem Virus. Bei bundesweit etwa 400 Fällen von Wildvögeln mit nachgewiesener AI, davon knapp mehrheitlich auch am Bodensee, stellt sich die Frage, wieso ausgerechnet hier kein Wirtschaftsgeflügel betroffen ist. Insbesondere BW ist abgesehen vom Seegürtel bisher AI-frei

 


2. Die betroffenen Betriebe in Grumby und Cloppenburg waren reine Stallhaltungen mit umfassenden Hygienemaßnahmen und hermetisch abgeriegelt. Hierfür hat bisher bei all den tatsächlich lange unaufgestallt gebliebenen beständen niemand etwas gesagt.

 

 

 

3. Natürliches UV-Licht in entsprechender Konzentration wirkt virenschädigend - welchen Grund gibt es, die Tiere in die Ställe zu sperren?

 

 

 

Und es bleibt zudem die für uns Halter dringlichste Frage: geht denn H5N8 weg, wenn wir unsere Tiere einsperren und während der Aufstallung durch zusätzliche Stresseffekte das Immunsystem schädigen? Sind sie denn hinter nicht-technologischem Maschendrahtzaun sicher, wenn das Virus eine hochtechnologische Lüftungsanlage in Grumby und loppenburg überwinden kann? Wenn „Nein“ – was SOLL das alles? Es ist eine Farce, absurdes Theater, mitten in der Landschaft auf Gartengrundstücken Desinfektionswannen aufzustellen und zu verlangen, dass bäuerliche Halter sich Schutzanzüge für ihre drei Legehennen anziehen! Sollen all diese rechtschaffenen und gesetzestreuen Menschen verhaftet werden, wenn sie nicht die Mittel, nicht die Möglichkeiten oder sclicht nicht die Kenntnis haben, alle Maßnahmen einzuhalten? Müssen sie in vorauseilendem Gehorsam einer industriell gesteuerten Vernichtungsaktion ihre Tiere töten? Sobald eine dieser Fragen mit „Natürlich nicht!“ beantwortet wird, wird die staaliche Argumentationskette brüchig!

 

 

 

Und letzten Endes: ist es nicht ein Stück weit biologisch auch völlig normal, dass es Viren gibt? Es wäre Zeit, sich damit anzufreunden, dass der Mensch nicht alles regeln und regulieren kann, die Verantwortung für die begünstigenden Umstände einer Epidemie zu Massentierhaltung und überbordende Globalisierung aber, die sollte er endlich übernehmen.

 

Bitte prüfen Sie und werfen Sie kraft Amtes die Frage nach der Notwendigkeit der FLÄCHENDECKENDEN AUFSTALLUNG des Geflügels von Klein- und Privathaltern auf. Dass von ihnen eine Gefahr für die Großbetriebe ausgeht, ist albern, dass sie duch die Aufstallung selbst geschützt werden, unglaubwürdig!

 

Mit freundlichen Grüßen